Hi folks!
Vor einer Woche war es soweit: ich habe den Entschluß gefasst mich von meiner guten, alten Slackware-Installation zu trennen und Ubuntu - nach den zahlreichen positiven Berichten im Netz - eine Chance zu geben. Doch zur Vorgeschichte:
Seid gut 5 Jahren sind meine Privaträume windowsfreie Zone! Schon damals kam für mich eigentlich nur Linux als x86-OS in Frage ... nicht nur, weil ich zu den letzten Amiga- und Atari-Anhängern gehör(t)e, sondern weil ich auch privat meine Erfahrungen mit Windows machen konnte und beruflich lange Zeit damit arbeiten musste.
Die Anfänge waren schwer, meine ersten ersten Erfahrungen machte ich mit SuSE und RedHat. Nach vielen SuSE-Jahren folgte dann aus Unzufirdenheit nach SuSE 9.3 der zaghafte Umstieg zu Slackware. Was war das für eine Erleichterung! Keine unsinnigen Paketabhängigkeiten, ein klares, schnelles, gut konfigurierbares und schlankes Linux-System, wo sich nahezu alles problemlos selbst kompilieren und einbringen lässt! So habe ich mich damals in Slackware festgebissen und es lieben gelernt.
Doch leider fanden sich im Desktopeinsatz (ich bin zuhause auch nur ein normaler User mit durchschnittlichen Ansprüchen ... Office, Internet, mal ein Spiel und ein wenig am System basteln) schnell Grenzen. Man musste die meisten multimedialen Bestandteile selbst kompilieren, was zumindest einmalig ziemlich viel Zeit in Anspruch nimmt, bis man ein "ordentlich nutzbares" Desktop-System mit Unterstützung für diverse Multimedia-Dateien bekommt. Auch die Unterstützung modernerer Hardware fällt nicht sonderlich umfangreich aus. HAL, DBUS und udev sind zumindest standardmäßig nicht implementiert bzw. aktiviert. Und das nachträgliche Installieren von HAL/DBUS brachte anfänglich mehr Probleme.
Nichts gegen Slackware! Schlank, schnell, man ist "nahe am System" und es ist stabil. Doch für den Desktopeinsatz nicht mehr aktuell.
Darum entschied ich mich vor ca. einer Woche mal was Neues auszuprobieren. Die zaghaften Versuche mit der ersten openSuSE 10.0 ließen mir eher die Haare zu Berge stehen, Fedora machte schon einen besseren Eindruck, wirkte aber doch noch zu unausgereift und vor allem nicht "aus einem Guß" ... und ich habe eine persönliche Abneigung gegen RPM 😉 Debian reizte mich schon seid langem, allerdings schreckte mich die mangelnde Aktualität der stabilen Version etwas ab.
So fiel die Wahl auf Ubuntu - wie gesagt auch durch die zahlreichen Berichte im Internet. Da ich softwaremäßig eher zu den Jäger und Sammlern gehöre und gern mal einiges ausprobiere, war ich zunächst doch skeptisch, ob Ubuntu da meinen Ansprüchen an "Komplettheit" und Verfügbarkeit von fertigen Paketen gerecht werden würde. Und natürlich die Frage: funktioniert auch die Hardware mit Ubuntu?
Um es kurz zu machen: ich bin ziemlich begeistert! Die Installation ist recht einfach und geht schnell vonstatten. Die Option der manuellen Partitionierung sollte man jedoch auch im grafischen Live-Modus noch etwas erweitern. Zumindest LVM und Soft-RAID sollte man einfach konfigurieren können, das macht SuSE deutlich besser. Ansonsten klappt die Installation wunderbar, man erhält schon nach dem ersten Booten ein durchaus brauchbar konfiguriertes System.
Sehr schön übrigens auch, daß Kernel-Updates parallel zum alten Kernel installiert werden und diesen nicht einfach plattbügeln! Das hat zumindest bei SuSE in früheren Zeiten häufig für böse Überraschungen gesorgt.
Aber so richtig begeistert bin ich von den Repositories! Hier findet man nahezu alles, was das Herz begehrt und was man im alltäglichen Gebrauch benötigt. Bis auf zwei spezielle Astroprogramme musste ich mir so keine einzige Applikation selbst kompilieren - für ein Desktopsystem sicher ideal. Nach einem Update verarbeitet Ubuntu auch nahezu alle Multimedia-Formate. Apt und Synaptic leisten hier ganze Arbeit.
Erstaunlich für mich auch die recht flotte Arbeitsgeschwindigkeit. Von Slackware verwöhnt und SuSE abgeschreckt kann ich durchaus behaupten, das Ubuntu sich kaum langsamer anfühlt, als Slackware ... in einigen Belangen sogar etwas fixer.
Weitere positive Punkte sind, daß bei einem installiertem Desktop-System keine offenen Ports durch Serverdienste vorhanden sind (SuSE ist da ein wahres Scheunentor ohne Firewall), die gute Hardwareerkennung und Unterstützung, der aufgeräumte Desktop. Ach ja ... die Community nicht zu vergessen! Ich habe schon seid Jahren keine so gute und freundliche Community rund um eine Distri erlebt, wie jene von Ubuntu 😉
Allerdings gibt es auch Punkte, die mir missfallen ... aber man kann ja nicht alles haben 😉 So z.B. die teilweise unsinnige Aufteilung von Softwarepaketen, in irgendwelche common, binary, dev oder sonstwas (Meta-)Pakete, was manchmal ziemlich unübersichtlich ist. Hinzu kommt auch, daß das System doch zu abgeschlossen wirkt und besonders das Einbringen eigener Kompilate nicht ganz einfach ist. Wenn man von Slackware kommt, wo alles noch sehr "ursprünglich" und BSD-like aufgeräumt ist (insbesondere Init), dann wirkt Debian/Ubuntu schon etwas "eigengebacken" und "unstandarisiert". Auch lassen sich unter Ubuntu eigene Pakete aus selbst kompilierten Quellen nicht so einfach und schnell erstellen, wie unter Slackware (mit checkinstall).
Ein weiterer, negativer Punkt - aber eher kosmetischer Natur - sind die Menüs unter Gnome. Hier wird alles hintereinander weg reingehämmert, was an Software vorhanden ist. Das führt dann schnell zu ellenlangen Menüs, die man im gröbsten Fall mühsam durchsuchen und scrollen muss. Hier wäre eine weitere Unterteilung in Untermenüs durchaus sinnvoll, so wie es z.B. in KDE unter Slackware üblich ist. D.h. unter "Internet" noch Unterteilungen in "Browser", "E-Mail", etc. Es wirkt ansonsten sehr lieblos und bei vielen Einträgen unübersichtlich. Kann man zwar selbst nachbessern, wäre aber durchaus ein leichtes das schon von Haus aus zu machen.
Ansonsten würde ich jedem für den Desktopeinsatz nur Ubuntu empfehlen können. Einfacher kann man es kaum noch machen und dabei muss man nichtmal mit solchen EInschränkungen und Problemen wie z.B. unter SuSE leben. Man hat noch ein echtes Linux mit der Möglichkeit der "Handkonfiguration" aber ohne dabei kompliziert zu sein. Zwar m. E. nichts für Bastler aber für den Alltagsgebrauch durchaus die Wahl. Hier werde ich die Slackware nicht vermissen 😉
cu ...
Dirk