Hallo zusammen!
Möchte hier einen Rechner vorstellen, den die Welt eigentlich nicht braucht. Da er aber nun mal verkauft wird, kann man ihn ja mal vorstellen. Das gute Stück hört auf den Namen „Lenovo Ideapad 100-14IBY“ (gibt es auch weitgehend baugleich als 15“ = 100-15BY, mit DVD-LW) und wird im wesentlichen mit dieser Ausstattung angeboten:
Intel Celeron N2840/N2940, 1.83 GHz
2GB RAM
14.0 Zoll, 1366x768 Pixel, spiegelnd
Intel HD Grafik
Cheap plastic rules!
Die Gesamtkonfiguration des von mir hier vorgestellten Rechners entspricht diesem hier
Dieses Modell wurde für knapp 300€ incl. Windows 10 verkauft. Aktuell ist es in Amazonien (und anderswo) für knapp 200 erhältlich, aber ohne OS. Wer diesen Rechner tatsächlich für 300€ erworben und benutzt hat, ist zu bedauern. Die Performance von Windows 10 ist, vorsichtig formuliert, unter aller Sau. Der Rechner ist damit schlichtweg überfordert. Die Livesession von Ubuntu-Mate per USB war deutlich schneller betriebsbereit als das festinstallierte Windows (!).
Da die Celeron-CPU, der für Linux nicht eben günstigen Klasse der Atom-Prozessoren mit Silvermont-Architektur angehört, war ich zunächst skeptisch, ob das überhaupt was wird. Aber kein 32BIT-UEFI und die Livesession waren hier doch viel versprechend. Doch der Reihe nach.
Der Rechner sollte im Dualboot mit Win 10 betrieben werden sollte, also war zunächst mal eine Aufrüstung fällig. Da nur ein RAM-Einschub vorhanden, den 2GB Riegel durch einen 4er ersetzt. Die 500GB HDD durch eine 120GB SSD. Die vorinstallierten, sage und schreibe, 7 Windows und Lenovo Partitionen habe ich mit der Datenträgerverwaltung und Gparted verkleinert und mit einem Windowstool (Mini-Tool Partition-Wizard, nicht zu empfehlen, alle Partitionen waren größer als das Original) geklont. Wer es gewohnt ist, dass RAM- und Plattentausch eine Sache von wenigen Minuten ist, wird hier verzweifeln. Für beides (auch ggf. für einen neuen Akku) muss der gesamte Rechner zerlegt werden (Achtung! Ggf. Garantieprobleme!) Der Ausbau der Tastatur war nur mit zerstörten Klebefolien möglich und die Trennung von Gehäuse und Mainboard sollte man wirklich nur machen, wenn man das halbwegs beherrscht, und über das geeignete Werkzeug verfügt. Schrammen und sogar Gehäusebrüche sind hier schnell passiert. Die Verbindung der Tastatur zum MB ist lediglich eine dünne Plastiklasche in einer fummeligen Klemmverbindung. Kompletter Murks! Nun gut, ich hab alles wieder heil zusammen bekommen und der Rechner startete auch ohne Murren. Und siehe da, nun konnte man auch Windows nutzen, ohne die Entdeckung der Langsamkeit.
Für Ubuntu-Mate hatte ich hinten noch 20 GB Platz gelassen, es war wie üblich schnell drauf und es funktionierte alles ootb. Nach Neustart meldete sich auch gleich Grub. Wunderbar, dachte ich. Aber ich hatte die Rechnung mal wieder ohne die Feinheiten eines kastrierten UEFIs gemacht. Nach dem ersten Windows-Neustart ward Grub nicht mehr gesehen. Die Reparaturanleitung lt. UEFI-WIKI war zwar bzgl. Grub/Ubuntu erfolgreich aber dabei hat es einige Windows Bootdateien zerbröselt und das vorinstallierte Windows war mit allen möglichen Reparaturmethoden nicht mehr zum Laufen zu bewegen. Bevor ich nun komplett auf CSM/Legacy umsteige, dachte ich, man könnte es noch mal mit einem Clean-Install von W10 probieren. Und, man glaubt es kaum, plötzlich klappt auch das UEFI-Dualboot ohne Probleme….!? So viel zum Thema vorinstalliertem Windows! Das UEFI selbst ist Billig-Notebook-Typisch sehr spartanisch. Sogar auf „Fastboot“ hat man verzichtet, was für Linux ja eher vorteilhaft ist, aber vielleicht dachte man auch, dass bei dem Rechner eh nix „fast“ geht.
Fazit: Nach nicht unbeträchtlichem Aufwand bekommt man einen Rechner mit akzeptabler Performance für bescheidene Nutzeransprüche, auch für Windows 10. Extrem fragwürdig ist das Ganze aber trotzdem. Denn der Hersteller vertreibt einen Rechner, der so eigentlich kaum alltagstauglich ist. Die Aufrüstung ist aber mit so hohen Hürden verbunden, von den Kosten ganz abgesehen, dass man besser die Finger von lässt. Ubuntu-Linux liess sich ohne Probleme installieren und würde vermutlich auch in der ursprünglichen Konstellation mit Mate, lxde, xfce akzeptabel laufen (nicht gestestet). Trotz des attraktiven Preises, von mir ein deutliches „Finger weg“!
L.G.