Cruiz schrieb:
Die Idee war ja auch mal ganz gut - bevor es hunderte Distributionen gab. Selbst wenn man die ganzen Nischenprojekte ausklammert gibt es bestimmt 10 ernstzunehmende Linux-Distributionen. D.h. die selbe Arbeit wird mindestens 10 mal gemacht und faktisch noch häufiger weil jede dieser Distributionen unterschiedliche Versionen gleichzeitig pflegt. Man muss schon ganz schöne Linux-Scheuklappen aufhaben um hier nicht die unfassbare Verschwendung von Arbeitszeit zu sehen.
Das ist ja der Vorteil von Flatpak/Snap. Ein Paket wird ein einziges Mal geschnürt und lässt sich dann auf allen Versionen (vermutlich in einer gewissen Spannbreite) aller Distributionen (die Snaps oder Flatpaks unterstützen) installieren.
Das ist wahrlich eine schiere Verschwendung von Ressourcen, wenn jede Distribution erneut sämtliche Software verpackt. Trotz der Gefahr, dass ich mich unbeliebt mache, möchte ich meinen, eine der Ursachen dieses Paketiererei-Wahnsinns liegt in der Art und Weise, wie Software auf Linux-Systemen gegenwärtig gehandhabt wird.
Obwohl überall aufgrund des gleichen Kernels (Linux) sowie Binärformates (ELF) vollständige Binärkompatibilität vorliegt, d h ein Programm kann ohne irgendwelche Anpassungen / Emulationen auf ALLEN Linux-Distributionen laufen, lassen sich dennoch die Programme nicht distributionsübergreifend verteilen, insbesondere bedingt durch die völlig veraltete Verzeichnisstruktur, wo jede Art von Software – bspw Anwendungen, Bibliotheken, sogar Themen – wie eine Schleimspur über zig viele Ordner verteilt wird, bildhaft „alles in einen Topf gebatzt“. Natürlich darf man das nicht sagen, da diese Unix-Verzeichnisstruktur als "heilig" und "der Standard schlechthin" gilt. Der Witz ist aber, würde man die zu einer bestimmten Software gehörenden Teile nicht über das gesamte System zerfetzen, ließen sich beispielsweise Anwendungen („Apps“) ähnlich wie bei macOS als eine einzige Datei bzw inform eines Ordners ausliefern, UNABHÄNGIG von der bestehenden Verzeichnisstruktur.
Damit die Anwendungen nicht zu fett werden, sondern zumindest die Bibliotheken geteilt, würden hier einheitliche Standards beim Versionieren Abhilfe schaffen, die es eigentlich auch gibt, jedoch werden nur selten mehrere Bibliotheksversionen nebeneinander geduldet, sodass stets alle abhängigen Pakete angepasst werde müssen bzw sich die Entwickler nicht darauf verlassen können, dass die Abhängigkeiten immer erfüllbar sind, und sie auch keine Möglichkeit besitzen, selbst distributionsübergreifend die Abhängigkeiten bereitzustellen.
Das ganze ist also ein durch und durch hausgemachtes Problem und hat mit Linux an sich eigentlich gar nichts zu tun. Dass Linux locker marktführend sein kann, beweist bestens Android.
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Nachdem ich mit großer Erwartung flatpak installiert und getestet habe, ließ die Ernüchterung nicht lange auf sich warten: Die Anwendungen sehen meist richtig fremdartig aus (Fenster, Schaltflächen). Man muss zudem irgendeine komische – ziemlich fette – Laufzeitumgebung installieren, welche auch nur einen begrenzten Stock an Abhängigkeiten bieten.
Das gemeinsame Teilen von Abhängigkeiten klingt also wieder nur in der Theorie gut, scheitert praktisch an dem Umstand, dass man hier als Entwickler ebenfalls von irgendwelchen Maintainern abhängt, nur diesmal keiner Distribution, sondern einer Laufzeitumgebung. Kein Unternehmen wird dieses System ernsthaft nutzen wollen, um für Linux seine Produkte anzubieten.
Ich sehe jetzt auch keinen wirklichen Sinn in Flatpak, wenn nicht das Bestrebnis darin bestand, ein einfaches distributionsübergreifendes Paketformat zu entwickeln, welches VOR ALLEM für KOMMERZIELLE Software eine echte Lösung darstellt.
Flatpak ist mal wieder so ein typisches GNU-Ding, wo Ideologen ausschließlich mit Tunnelblick auf "freie Software" am Werk waren. Das bringt Linux in keiner Weise weiter.
Flatpak und Snappy stellen eigentlich ohnehin überflüssige Entwicklungen dar, denn mit AppImage liegt ein simples Format vor, über welches ergänzende Anwendungen ausnahmslos FÜR ALLE Distributionen bereitgestellt werden können. Einfacher kann ein Format nicht sein, denn die Programme müssen nur runtergeladen, mit Rechtsklick ausführbar gemacht und können sofort ohne Installation gestartet werden. DAS WARS! Und gerade für die Endanwender, welche aus der Windows-Welt kommend auch nichts anderes kennen – nur eben mit einer anderen Dateiendung (EXE), wäre dies eine ausreichende Lösung.
Die Paranoiden können solche AppImage-Anwendungen natürlich auch in einer Sandbox starten. Der Kernel bringt hierfür von Haus aus gewisse Funktionen mit.
Somit ist Flatpak tatsächlich mehr als unnötig kompliziert, und bereits von Anfang an überholt gewesen.
tomtomtom schrieb:
Alle, die sich länger mit verschiedenen Linux-Distributionen befasst haben, können dir hundertfach von schlecht gewarteter Fremdsoftware erzählen. Mir Flat/Snap ist dann nicht mehr nur die Software an sich, sondern alles, was für deren Betrieb benötigt wird, ebenso schlecht gewartet.
Ich hab mich länger mit verschiedenen Linux-Distributionen befasst, und sehe wirklich keine produktiv einsetzbare Distribution, welche hier etwas grundlegend neues oder anderes macht. Die eine Distro ist auf "Beständigkeit" aus, die andere auf "stets das Neuste", aber im großen und ganzes installiert man immer die gleiche Software, nur halt mal etwas älter oder aktueller. Aus Sicht von Otto Normalbürger kein wirklicher Unterschied, außer in der Handhabung (in Arch über die Konsole mit komischem Buchstabensalat; in Ubuntu durch Rumklicken im schicken Softwarecenter). Eigentlich völlig hirnrissige, warum hier zig Distributionsformate bestehen: APT, RPM, Pacman, Portage, GUIX fallen mir spontan an; und jedes mit seinen unzähligen eigenen Repositorien.