Liebe Linux-Gemeinde,
heute möchte ich mich mal über Linux, speziell Ubuntu, auslassen und meine Erfahrungen teilen. Viele Jahre habe ich mit Windows gearbeitet, gespielt, probiert, gebastelt, musiziert usw. Angefangen habe ich damals mit Windows 3.1 über Win95, WinNT, Win2000 bis hin zu Win7, 8 und letztendlich Win10. Ich würde von mir behaupten, dass ich nicht nur zu Windows-Otto-Normal-User gehöre, sondern schon über tieferes Wissen in der Microsoft-Umgebung verfüge. Mit jeder neuen Betriebssystemversion kamen immer neue Features und Umstrukturierungen innerhalb des Betriebssystems dazu. Das bedeutete, jedes dieser Betriebssysteme blähte sich immer mehr auf mit Diensten und zusätzlicher Software, welche ich niemals nutze oder benutzt habe. Mit jedem neuen Update hatte ich das Gefühl, dass die Rechner immer langsamer wurden, die Systemstarts immer länger brauchten, Software mehr Zeit für den Start brauchte usw. und (nennt mich paranoid) ich das Gefühl hatte, dass diese Probleme immer 1-2 Monate vor Weihnachten verstärkt auftraten (Zufall?) Ich war eigentlich nur damit beschäftigt die ganzen Rechner der Familie am Laufen zu halten oder den nicht so windowsaffinen Familienmitgliedern zu erklären, wo sie was finden bzw. zu suchen haben. Irgendwie schafften sie es auch immer wieder Fehler zu produzieren, die ich nicht so ohne Weiteres gelöst bekam und die im Netz existierenden Lösungen funktionierten bei meinen Rechnern nur sehr sehr selten. So verbrachte ich viele Nächte mit Ursachenforschung u.u.u. Dinge, welche grad noch funktionierten, liefen plötzlich nicht mehr. Im Hintergrund laufende Updates machten das System sehr zäh und man kam eigentlich um einen Neustart nicht herum. Tagsüber war ich müde weil ich nachts wieder einmal zu lange vor'm Rechner gesessen hatte und der Frustrationsfaktor stieg mit jedem Systemneustart der am Ende eh zu nichts führte. Rechner, die mir eigentlich das Leben erleichtern sollte, sorgten dafür, dass ich mehr Zeit damit verschwendete sie am Laufen zu halten als sie tatsächlich aktiv zu nutzen. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll. Ich war Sklave meiner eigenen Technik geworden.
Also beschloß ich mir mal die Linuxwelt anzusehen. Am Anfang hatte ich Bauchschmerzen, da ich nicht wußte WIE und WAS so funktioniert. Ich hatte Angst etwas falsch zu machen oder dass meine Daten flöten gehen würden oder ich am Ende wieder auf Windows gehen müsste u.u.u. Sehr viele Bedenken und Überlegungen ob ein Wechsel auf Linux es eine gute Idee wäre oder nicht, außerdem gibt es ja wahnsinnig viele Versionen.... Das bedeutet, neue Kopfschmerzen, wieder schlaflose Nächte und hilfesuchende Familienmitglieder, welche ja nur Windows kennen....
Ich beschloß erst einmal mich genaustens zu informieren und schaute mir dazu diverse Videos an (ich bin lesefaul 😉 ) In den Videos sah alles so einfach aus und ich dachte, das wird bei mir sowieso wieder nicht funktionieren. Das kannte ich ja schon vom Windows her. Und dann noch die Eingabe der Befehle über das Terminal.... OK, den ersten Versuch wollte ich mit einem alten Laptop wagen, falls es in die Grütze geht, kann ich den Rechner getrost entsorgen. Ich habe mich für Ubuntu entschieden.
Die Kinder waren im Bett und bereitete mich auf eine lange Nacht vor.
Erst einmal habe ich mir die Installations-CD erstellt und diese in den Rechner gestopft. Ich habe bei der Installation das vorher installierte Windows wegbügeln lassen und nach ca. 20 Minuten lief der Rechner mit Ubuntu. 'Nicht schlecht', dachte ich,'aber da fehlen bestimmt noch die ganzen Treiber für Soundkarte, Maus und weiß der Geier was noch fehlt..'
Welch eine Überraschung, alles lief auf Anhieb und ich hatte sogar schon Teile von LibreOffice mit installiert. Dann habe ich über das Softwarecenter noch diverse Software nachinstalliert (alles ohne Befehlseingabe) und hatte einen, auf MEINE Bedürfnisse, eingerichteten Rechner. In so kurzer Zeit habe ich noch NIE einen Rechner neu aufgesetzt bekommen. Ich war völlig begeistert.
Jetzt wollte ich mehr ausreizen. Unter Windows hatte ich eine DJ-Konsole im Einsatz, die bis auf einige Funktionen, ihren Dienst ganz gut leistete. Diese wollte ich jetzt auch mal unter Ubuntu ausprobieren, wobei ich sehr sehr skeptisch war ob die unter Linux läuft. Also, Konsole an USB angeschlossen, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Ubuntu sie nicht erkennt. Kein Hinweis in der Art "Gerätetreiber wird installiert...bla bla bla", kein Hinweis, keine gelben Ausrufezeichen, nichts! 'Scheinbar wird sie unter Ubuntu nicht erkannt, schade...' Etwas enttäuscht öffnete ich MIXXX und zu meiner Überraschung funktionierte die Konsole ohne Probleme. Alles funktioniert völlig reibungslos. Ubuntu kennt meine Konsole ohne zusätzliche Treiberinstallation, ohne Neustart und ohne dass man gefühlt 100x auf "Weiter" klicken musste. Einfach eingesteckt und es funktioniert! Ich bin hin und weg. Wie geil ist das denn? Egal ob Scanner, externe Soundkarte, USB-Sticks... anstecken, läuft. Das ist ja noch einfacher als eine Nachttischlampe in Betrieb zu nehmen (die muss man nämlich vorher noch einschalten 😉 )
Nach ein paar Stunden der Einarbeitung, sollte meine Familie den Rechner testen dürfen. Übrigens war die beschriebene Nacht die letzte, die ich mir für einen Rechner um die Ohren hauen sollte. 😉
Meine Familie kam nach einer kurzen Erklärung ganz schnell mit dem neuen System zurecht.
Jetzt ist ca. 1 Jahr vergangen und ich bin froh diesen Schritt gegangen zu sein. Meine anfänglichen Bedenken sind ganz schnell der Erkenntnis gewichen, dass es auch anders geht. Einfacher! Hätte ich gewußt, dass es so reibungslos funktioniert, wäre ich schon viel früher umgestiegen.
Mittlerweile laufen bei mir 4 Rechner mit Ubuntu für Büroanwendungen, mit DJ-Programmen inkl. Lichtsteuersoftware sowie Audiorecording oder auch mit Lernsoftware für die Kids.
Natürlich ist auch unter Ubuntu nicht alles "heile Welt" aber die im Netz angebotenen Lösungen zur Problembehebung funktionieren so wie man es erwarten würde. Beispielsweise waren eines Tages sämtliche Menüleisten in den Programmfenstern und die seitliche Menüleiste verschwunden. Nach kurzem gegoogle hatte ich einen Lösungsansatz gefunden und konnte den Fehler beheben.
Hin und wieder stürzt auch mal ein Programm ab und der Fehlerbericht wird gesendet (wenn man es möchte), aber das kennt man ja von Windows auch. Von daher gibt es da keine Unterschiede.
Die Ubuntu-Oberfläche ist einfach und übersichtlich strukturiert, Systemeigenschaften sind auf das Notwendigste reduziert und selbsterklärend, benötigte Programme lassen sich relativ einfach nachinstallieren, die Rechner starten sehr schnell und mit dem Terminal hat man ein sehr mächtiges Werkzeug zur Hand.
Was mir aber am meisten imponiert ist die Hilfsbereitschaft der Linux-(Ubuntu)-Gemeinde untereinander. Egal mit welchen Fragen (und seien sie noch so primitiv) der Einzelne um die Ecke kommt, niemand wird herablassend behandelt oder bekommt blöde Antworten zurück.
Inwieweit der Hardcore-Gamer mit Linux glücklich wird, mag ich nicht zu beurteilen aber für Otto-Normal-Anwender finde ich keine Argumente, welche gegen Linux/Ubuntu sprechen.
LG Jelu