Das hört sich ja schon fast politisch an was das läuft.
Es hat sich halt viel getan, allein schon wie stark die Grafiktreiber miteinander zusammengewachsen sind um die Manpower auf gemeinsame Probleme bündeln zu können - so hat etwa der meiste OpenGL Code der von Mesa für Radeon Karten genutzt wird seinen Ursprung bei Intel Entwicklern. Das komplette Treiberumfeld hat sich insbesondere in den letzten paar Jahren komplett umgekrempelt, als AMD mit der amdgpu
Entwicklung angefangen hat gab es plötzlich keine klare Trennung mehr, keine eindeutige Grafik-Toolchain. Du ersetzt nicht mehr ein gesamtes Treiberpaket, sondern kannst einzelne Komponenten austauschen, ohne dass die Kette zusammenbricht. Du kannst zB deine Vulkan Bibliothek proprietär von AMD beziehen, aber für OpenGL weiterhin Mesa nutzen.
Der Grundgedanke hinter der Gallium Architektur ist übrigens genau das, aus dem letztendlich Vulkan hervorging - Vulkan ist eigentlich kein Ersatz für OpenGL, sondern steht in direkter Konkurrenz zu Gallium, nur dass letzteres nicht dafür ausgelegt war direkt genutzt zu werden.
Wer jahrelang Nvidia Nutzer war und sich mit deren proprietären Treibern abgefunden hat und keinerlei Bedürfnis hatte immer mal zu schauen was hinter dem Tellerrand passiert, der bleibt schlichtweg irgendwann in der Zeit stehen - und alte Vorurteile bleiben eben hartnäckig. Die Treiber waren früher mal ein Fels in der Brandung, aber in Anbetracht der Innovationen des letzten Jahrzehnts wirken sie zunehmend eher wie ein abgehängter Dinosaurier. Es ist schon geradezu zur Regel geworden, dass Nvidia schon mal über 10 Jahre braucht um die Unterstützung für bestimmte Funktionen einzuführen, die mit den freien Treibern zu dem Zeitpunkt schon ewig funktioniert haben - wie zB RandR 1.2+ und PRIME.
Es gibt bezüglich der Unterstützung alter Hardware eine Grundregel beim Linux Kernel, die überwiegend auch bei den anderen damit zusammenhängenden Projekten wie Mesa befolgt wird: Solange sich jemand findet der durch Anpassungen an anderer Stelle entstehende Inkompatibilitäten beseitigt und solange der alte Code der Weiterentwicklung nicht massiv im Wege steht, wird Treiber-Code auch nicht entfernt. Das musste zB Microsoft mit ihrer Hyper-V Unterstützung im Linux Kernel auf die harte Tour lernen. Die 386er Unterstütztung wurde erst vor wenigen Jahren aus dem Kernel entfernt, weil sie im Gegensatz zu den etwas neueren 86ern ein zu großer Klotz am Bein war.
Beim Prozessor bin ich bis jetzt seit dem ersten 286-er immer Intel treu geblieben und wurde da bis jetzt auch noch nie enttäuscht. Also die CPU wird definitiv immer ein Intel bleiben, bei der GPU können wir noch mal drüber reden.
Da würde ich mal darauf achten was die letzten 2 Jahre passiert ist, im CPU Bereich ist ein unglaublich großes Kartenhaus aus Profitgier, Missmanagement und anderen Fehlentscheidungen zusammengebrochen - während AMD gleichzeitig auch noch wie ein Phönix aus der Asche ein gewaltiges Comeback dargelegt hat. Allein schon dass Intel bei der Größe der Fertigungsstruktur nicht nur eingeholt sondern überholt worden ist spricht schon Bände. Es gibt derzeit wirklich nur noch wenige Argumente, die noch für Intel sprechen - und das wird noch ein paar Jahre so bleiben, denn ohne eine von Grund auf neu entwickelte Architektur kommen sie aus dem Loch nicht mehr heraus. Alle erhältlichen Intel CPUs basieren immer noch auf der 13 Jahre alten Core Architektur, die inzwischen durch diverse Performance-kritische Sicherheitslücken sturmreif geschossen wurde - ein Nachfolger ist nicht in Sicht. AMD's Zen Architektur ist erst in der 2. Generation und bereits in mehrfacher Hinsicht revolutionär.
Ich würde es daher eher andersherum sehen: Ob Nvidia oder AMD Grafikkarte ist eine Frage der eigenen Präferenzen, aber bei der CPU gibt es derzeit wirklich nur eine sinnvolle Wahl. Der Bruch ist so gewaltig, dass Intel es nicht einmal mehr geschafft hat die Gaming Community mit ihrer gewaltigen PR Maschinerie auf ihrer Seite zu behalten. Mindfactory hat vor einer Weile mal eine Verkaufsstatistik veröffentlicht - sie machen inzwischen schon deutlich mehr Gewinn mit AMD CPUs wie mit denen von Intel, obwohl letztere zu dem Zeitpunkt für deutlich mehr Geld über den Tresen gingen - das ist angesichts der historischen Marktanteile wirklich ein Novum.