Erdling schrieb:
Du findest einerseits die Oberfläche von Windows 10 furchtbar, willst aber andererseits Linux so umbauen, dass es wie Windows 10 aussieht. Das muss man* wohl nicht verstehen... . 🙄
Ich vermute die Antwort auf den Widerspruch hier:
nogaro schrieb:
Grad meine Älteren Herren sind sehr stark an Windows gewohnt und da würde ich gerne Linux darauf machen das Windows 10 sehr ähnlich ist sodaß die Umstellung nicht so schwer fällt.
Mangels Erfahrung mit diesen Gruppen betrachte ich in meiner Antwort keine Menschen, die aus z.B. gesundheitlichen Gründen nicht in ausreichendem Maß in der Lage sind, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Ein anderer Blickwinkel könnte sagen, dass ich diese ausschließe, weil ich nicht geduldig genug bin, mich mit ebendiesen auseinanderzusetzen.
Also gut, fangen wir an:
Meiner Erfahrung nach ist es langfristig nicht hilfreich, wenn man bei einem Betriebssystemwechsel (gilt aber auch für Anwendungen) versucht, die Optik oder auch die Bedienkonzepte des ursprünglichen Systems bestmöglich zu reproduzieren. Entweder sind ebendiese Konzepte der Grund, weshalb man die Plattform überhaupt nutzt, was eine Bruchstelle spätestens an den Orten verursacht, wo man das ursprüngliche Verhalten nicht mehr nachäffen kann. Oder das Betriebssystem wird nur als (notwendiger) Zwischenschritt zum Starten der eigentlichen Programme verwendet.
Ich konzentriere mich hier auf den letzten Teil des vorherigen Absatzes, denn wenn jemand ein Betriebssystem um seiner selbst willen nutzt, fällt die Person in der Regel aus der Gruppe der Personen heraus, die sich nicht selbst zu helfen wissen.
Damit wären wir bei den Anwendern angelangt, die Neuem oftmals skeptisch entgegen stehen - zumeist weil sie gerade erst das alte System so gut verinnerlicht haben, dass es für sie funktioniert. Zusätzlich vermute ich, dass es daran liegt, wie wir als Person gestrickt wurden. Immerhin ist es noch gar nicht so lang her, dass das Innovationstempo so niedrig war, dass ich nicht das heute Gelernte morgen schon wieder wegwerfen kann. Verbunden mit der klassischen deutschen Betrachtungsweise, dass Fehler nicht Teil des Lernprozesses sind, sondern von schlechtem Charakter zeugen (oder sowas in der Art), ist es nicht verwunderlich, dass insbesondere ältere Semester sich oftmals die Frage stellen, warum man jetzt wieder etwas anders machen muss. ☺
Nach dem ganzen Gesabbel hier nun meine Empfehlungen:
Sorge dafür, dass deine Anwender die von ihnen unter Windows genutzten Dinge (Dateien, Programme) schnell wiederfinden. Ich habe oft Erfolg damit gehabt, dass ich eine einzelne Verknüpfung ins Dock oder auf den Desktop gepackt habe, die auf einen Ordner mit weiteren Verknüpfungen und auch Anleitungen verwiesen hat.
Finde heraus, was genau deine Anwender jetzt mit dem Computer machen, zeichne es auf / dokumentiere es und suche dir eine passende Alternative unter dem von dir gewünschten Zielsystem. Nun reproduziere die bisherigen Prozesse in der neuen Software, fertige auch hier eine Anleitung an und kasper die mit dem Anwender ein zwei Mal durch. Der Anwender gewinnt mehr Sicherheit, weil er weiß, dass es funktioniert und du hast die Chance, deine Anleitung zu verbessern. Außerdem erlangt der Anwender mehr Vertrautheit mit dem System.
Achte darauf, dem Anwender immer klar zu machen, dass es kein Zeichen von Versagen ist, wenn mal etwas nicht funktioniert oder dass doch alles so einfach sei. Als ich mein erstes iPad in der Hand hielt, war ich so überfordert mit einem Gerät, dass nur fünf Knöpfe hat (Ein/Aus, Stummschalten, Lauter, Leiser, Home Button), dass ich ohne fremde Hilfe nicht einmal mehr diesen dämlichen Home Button wahrnahm, um aus einer App herauszukommen. 😎
Je nach Anwendertyp macht es Sinn, das Verfahren "Friss oder stirb" anzuwenden. Will der Anwender deine fortgesetzte Unterstützung, muss er sich mit der Änderung arrangieren oder andernfalls in Zukunft damit leben lernen, sich die Hilfe woanders zu holen. Und wenn beim nächsten Geburtstag dann ein "Kannst du dir mal bitte meinen Rechner anschauen, da funktioniert was nicht?" kommt, machst du einen Systemwechsel zur Vorbedingung.
Erwähne bestenfalls nicht, dass irgendetwas besser, sicherer, datengeschützter oder sonstwie sinnvoller ist als die bisherige Lösung, wenn die Anwender nicht von alleine damit anfangen. Keiner der Anwender, von denen wir hier reden, hat sich jemals auf eine Art mit diesen Themen auseinandergesetzt, die der Sache zum Vorteil gereicht.
Mehr Unbequemlichkeit wegen Datenschutz? ⇒ Ich habe doch nichts zu verbergen!
Mehr Unbequemlichkeit wegen Sicherheit? ⇒ Ach, von mir kleinem Licht will doch keiner was!
Besser? ⇒ Also unter Windows brauchte ich nur drei Klicks machen, unter Linux sind es vier! (Anwender bevorzugen es oftmals, zehn Schritte zu machen, die sie kennen, als sich einen zusätzlichen/alternativen einzelnen Schritt zu merken)
Lange Rede kurzer Sinn: Bevor du Windows 10 schlecht nachempfindest, entscheide für dich, ob du den zusätzlichen Aufwand in Kauf nehmen möchtest, die von dir betreuten Anwender zu migrieren, kläre mit den Anwendern in Abhängigkeit von dieser Entscheidung, ob sie deine Unterstützung unter diesen Bedingungen noch annehmen wollen und falls nein, geht ihr an dieser Stelle eben auseinander. Aber nur an dieser! Nicht gleich alle Familienbande kappen! 😉
Noch etwas anderes:
nogaro schrieb:
Warum man aber dieses Kacheldesign weiter verfolgt ist mir schleierhaft, da Windows 8 imd 8.1 deswegen schon wieder vom Markt genommen wurde.
Windows 8 und 8.1 sind nicht wegen der Kacheln wieder vom Markt genommen worden, sondern wegen der Lebenszyklus-Politik von Microsoft und der Veröffentlichung eines Nachfolgeprodukts. Microsoft hatte durch die Schwierigkeiten insbesondere beim Sunsetting von Windows XP gelernt, dass es wichtig ist, bereits bei dem Release eines neuen Produkts deutlich zu machen, wie lange es unterstützt wird. In der Regel sind das fünf Jahre Mainstream Support (Features und Sicherheitsupdates) ab Veröffentlichung und dann nochmals fünf Jahre erweiterter Support (Sicherheitsupdates). Daran kann sich eine kostenpflichtige Verlängerung des Supportzeitraums anschließen, wovon deutsche Behörden mit Blick auf Windows 7 vermutlich sehr intensiven Gebrauch gemacht haben, weil man schließlich nicht von diesen erwarten kann, die IT-Systeme mit einem Planungshorizont von 10 Jahren zu entwerfen und mit einem Migrationshorizont von fünf Jahren (Veröffentlichung Windows 10 in 2015) zu migrieren.
Eigentlich haben Die ja vor gehabt eine Oberfläche für Tablet, Desktop und Handy zu entwickeln.
Da ich das Vergnügen hatte, Windows auf Smartphones, Tablets / große Touchscreens und Desktops zu erleben, bin ich der Meinung, dass Microsoft eine großartige Leistung vollbracht hat, indem es einerseits eine gewisse Einheitlichkeit erreichen konnte, aber dennoch jede Plattform optimal auf die vorhandenen Ein- und Ausgabemöglichkeiten zugeschnitten war. Dies war insbesondere dort spürbar, wenn man schnell zwischen Tablet- und Desktop-Modus wechseln konnte.
Natürlich brauchte es ein paar Schritte und dank des beliebten Feedbacks in Form von "Es ist anders als vorher, also TÖTET DIESE VERDAMMTEN WICHTIGTUERISCHEN ENTWICKLER UND SCHÄNDET IHRE KINDER!", das jede Änderung in modernen Software-Produkten gleich viel Attraktiver macht, sind wir jetzt eben an einer Stelle, die so gar nicht richtig fertig wirkt.
Aus meiner Sicht ist die Lösung von Microsoft immernoch um Welten besser als Ansätze der anderen Plattformen. Apple versucht auf Teufel komm raus beide Bedienparadigmen schon auf der Betriebssystemebene voneinander abzugrenzen (iOS, iPadOS, WatchOS ⇒ Touch; macOS ⇒ Maus & Tastatur; keine Geräte, die beides können), während sich der Linux Mobildesktop anscheinend eher gedacht hat, dass man doch eine Touch-geeignete Oberfläche machen und diese einfach auch für den Desktop verwenden könnte. Insbesondere wenn ich mir den modernen Gnome Desktop ansehe, stelle ich mir die Frage, wie die es hinbekommen, auf einem 27" Display mit einer Auflösung 2560x1440 weniger Informationen anzuzeigen als ein uraltes KDE auf einer 14"-Röhre mit einer Auflösung von 640x480.