Ein paar Tage des Testens sind vergangen. Alles begann mit der beschriebenen Vorgeschichte im Thema Ubuntu Touch - Bastel-Ecke - Ubuntu-Programme auf dem Smartphone. Dazu bedurfte es einiger weniger Schritte sowie einer Fremdsoftware aus einem PPA. Der Erfolg kam schnell, Jubel brach in mir aus, als endlich tatsächlich erste vom PC gewohnte Programme auf meinem Handy gestartet werden konnten.
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Claws Mail: Verfassen-Dialog |
Nach diesen ersten Ergebnissen, die noch sehr unausgereift waren, wurden nun auch die praktischen Nutzungsmöglichkeiten erforscht. Nachdem dort der kleine Browser Dillo, das Terminal xterm, und ein von mir noch unkonfigurierter Messenger Pidgin getestet wurden, ging es anschließend darum eine Tastatureingabe-Möglichkeit zu finden, denn die Software-Tastatur wird bisher nicht von PC-Programmen erkannt. Sackgasse oder gab es Ausweichmöglichkeiten?
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Claws Mail: Vergrößerte Schrift |
Es wurde eine Hardware-Tastatur per USB-OTG-Adapter angeschlossen und funktionierte. Doch möchte ich diese unterwegs mit mir herumschleppen? Es kamen innerhalb einer stürmischen Nacht der Live-Dokumentation neue Ideen hinzu, etwa die Suche nach einem neuen PPA. Doch letztlich kam mir die Idee, doch mal die Software-Tastatur Onboard zu testen, welche bei Ubuntu am PC vorinstalliert ist. Das Ergebnis fiel allerdings sehr bescheiden aus, wie sich an den Bildern im ersten Bericht oben sehen lässt.
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Claws Mail: Hochformat (mit Pixelfehlern nach Bildschirmdrehung und Verschieben) |
Weitere Tests konzentrierten sich auf Multimedia mit dem Videoplayer VLC, ferner mplayer in der Terminal-Variante. Diese waren teilweise - mit starken Einschränkungen - von Erfolg gekrönt. Ein Aspekt dabei war der Gedanke, eventuell die möglichen Abspielformate zu erhöhen sowie die Leistungsfähigkeit am Smartphone BQ Aquaris E4.5 Ubuntu Edition zu testen. Die Bilder dazu können nochmals im ersten Link am Anfang des Artikels angesehen werden.
Die nächsten Tests konzentrierten sich ab nun und für diesen Bericht auf Programme, deren Nutzung eine momentane App-Lücke füllen würden und vielleicht könnten. Aufgrund Platzproblemen auf der Systempartition wurde statt Thunderbird das ohne Plugins recht schlanke und dennoch ähnlich mächtige, teils noch umfangreichere Emailprogramm Claws Mail getestet, welches aus Sylpheed entstanden war. Entscheidend war, dass es zwei Plugins zur PGP-/ GPG-Verschlüsselung gab und das sogar direkt in den Paketquellen. Diese werden laut Autor der Software Dekko in den nächsten Monaten nicht in die Email App kommen, aber er macht es auch von der Nachfrage abhängig.
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Claws Mail: PGP-Verschlüsselung aktivieren |
Der Test mit einer anderen, schlanken Software-Tastatur namens xvkbd verlief dann erfolgreich. Allerdings waren die Tasten extrem klein und sehr schwer zu treffen, so dass es mehrerer Versuche je Taste bedarf. Mir wurde klar, dass diese Tastatur sehr flexibel, teilweise einfach, teilweise aber auch sehr umständlich zu konfigurieren ist. Doch das Ergebnis kann sich im Vergleich zu den ersten Tests durchaus sehen lassen:
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xvkbd: Tastatur testweise im Vollbild |
Was noch fehlte, war die Vergrößerbarkeit der Programme. Dafür installierte ich den schlanken und recht mächtigen Fenstermanager fluxbox nach. Dieser bietet auch ein Panel, in welchem man leicht zwischen den laufenden Programmen umschalten kann. Es wirkt nun schon fast wie ein vollwertiger Desktop. Da ich allerdings ohne angesteckte Maus nicht mit der rechten Maustaste auf den Hintergrund klicken kann, um bei fluxbox an ein Startmenü zu kommen, habe ich noch ein xterm für alle Fälle eingebaut bzw. teilweise auch gleich zwei, um einen Ersatz für einen zweiten Tab zur Verfügung zu haben.
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Firefox - mit Tastatur |
Mit Fluxbox verbesserte sich auch die Platzausnutzung: Dillo startete plötzlich auch im Hochformat im Vollbild und im Querformat fiel der kleine schwarze Rand auch noch weg. Firefox sieht im Querformat in der Fontgröße nicht mehr um 10-er-Potenzen kaputt, sondern recht ansehnlich aus. Er lässt sich sogar ruckelfreier als Dillo scrollen, was jedoch auf gefüllteren Seiten schnell nachlässt. Allerdings unterstützt er mehrere Tabs, ohne die Seiten neu laden zu müssen, wodurch er dem originalen Ubuntu Touch Browser momentan etwas voraus wäre. Doch beim lange gedrückt halten passiert kein rechte-Maus-Klick bzw. er hängt sich mit Bildstörungen um den Link nach und nach auf.
Ebenfalls eingerichtet wurde Claws Mail - aufgrund der vielen Optionen braucht man dabei ähnlich dem Thunderbird jedoch langen Atem, wenn man alle Optionen mal durchsehen will. Bei der Bedienung an dem kleinen Bildschirm kommt zwar Faszination auf, aber Freude will nicht so recht aufkommen - es ist eher eine Qual. Fenster müssen teilweise verschoben, horizontal durchscrollt oder ins Hochformat gedreht werden, um an alle Bedienelemente zu kommen. Das hat sich nach der Ersteinrichtung dann allerdings größtenteils erledigt und dann lässt sich auch die Schrift schön groß stellen (hier: Schriftgröße 16 in der Email).
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Mumble: Push-to-Talk |
Die PGP-Verschlüsselungs-Module müssen erst über apt-get installiert und in den Einstellungen geladen werden, um aktiv zu sein. Danach kann man sie im Editieren-Fenster ebenfalls relativ einfach auswählen und aktivieren. Genutzt habe ich sie bislang allerdings noch nicht - bei den vielen Tests, über die ich hier gar nicht im Detail berichte, blieb kaum Zeit für tiefergehende Experimente.
Getestet wurde auch die Telefonkonferenzsoftware Mumble, welche vor allem für öffentliche Sprachräume genutzt wird. Dort tauchten eher unerwartete Probleme auf. Zunächst lief alles gut, doch die Sprachausgabe war mit einem regelmäßigen Flattern etwas zerhackt, wobei sich dieses Flattern über die Sprache gelegt hatte, welche dabei nicht unterbrochen wurde. Das Micro war übersteuert und wirkte ebenfalls impulsiv und lässt sich zunächst nirgends einstellen. Alsamixer ist nicht vorinstalliert und wurde nicht getestet.
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Mumble: Konfiguration |
Des Weiteren lies sich keine optionale Push-to-Talk-Taste (wie bei Funkgeräten - zum Sprechen drücken) festlegen, da die Tastatur immer in den Hintergrund huschte und jeder Tastendruck auf eine noch erreichbare Taste am Rand als Mausklick erkannt und eingetragen wurde. Dies könnte man jedoch durch Anstecken einer Maus, Tastatur, Kopie der Konfiguration vom PC - oder manuelle Suche nach der Maus in den Konfigurationsdateien - umgehen. Des Weiteren wird auch ein Push-to-Talk-Fenster angeboten sowie die Möglichkeit, sein Micro generell stummzustellen und ggf. jeden Mausklick als Push gelten zu lassen, während man sein Micro kurzzeitig aktivieren möchte.
Die Konfiguration ist in dieser Größe auch nicht ganz einfach: Statt die verkürzte Spalte Nachrichten zu vergrößern, wurde die Spalte verschoben - das lies sich beides auch nicht bzw. nicht mehr einrichten. Für die Nutzung war dies jedoch unerheblich. Das Mic-Problem habe ich noch nicht weiter verfolgt, aber trotz des Flatterns lässt sich auf jeden Fall sehr gut (und auch über Kopfhörer sehr laut) einer Telefonkonferenz folgen. Kleine Nebenbeobachtung: Sogar die Benachrichtigungen, die man am PC kennt, werden am Ubuntu Phone aktiv:
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Mumble: mit Benachrichtigungen (links) |
Die Einstellungen (bis auf die Zugangsdaten) wurden allerdings nie gespeichert, was allerdings wohl daran lag, dass ich die PC-Programme immer mit einem Wisch wie eine App schloss, anstatt sie vorher richtig zu beenden - zumindest bei der Ersteinrichtung oder zum Speichern. Eine Art Logout ist ja in meinem bisherigen Fluxbox-Versuch nicht direkt vorgesehen. Daran muss man ggf. selbst denken.
Kommen wir zum Höhepunkt meines kleinen Tests: Der Messenger Pidgin lässt sich grundsätzlich einwandfrei einschließlich OTR-Verschlüsselung benutzen. Störend wirkte auf mich, dass der Chat aus irgendeinem Grunde nicht mitscrollte, aber mit den Pfeiltasten der Tastatur war auch dieses Problem schnell umgangen.
Mit der großen Tastatur ist es auch recht gut bedienbar: Ich habe in mühevoller Kleinarbeit die kompakte, deutsche Version eingerichtet und ihre Position und Größe direkt im Programmaufruf gespeichert - Pidgins Chatfenstergröße habe ich durch ein rechte-Maus-Menü auf der Fensterleiste per angesteckter Maus gespeichert, jedoch taucht dies nicht in den Konfiguratioinsdateien von Fluxbox auf, wo man es ohne Maus manuell anlegen könnte.
Vermutlich hat sich das Pidgin selbst gemerkt, so wie am PC vermutlich auch. Übrigens werden auch PC-Programme standardmäßig im Hintergrund eingefroren, aber auch manche Android-Geräte sind so konfigruiert, dass sie sich nach dem Wechsel bzw. Bildschirm abdunkeln automatisch neu mit dem Chatserver verbinden müssen.
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Pidgin: Vergrößerte Tastaturkonfiguration |
Die Programme starten alle mit sehr kurzer Verzögerung recht flott. Für Fluxbox musste man noch das kleine Programm eterm installieren, um häufig wiederkehrende Meldungen wegen fehlendem Hintergrundbild einfach loszuwerden. Die Tastatur lässt sich auch leicht in ihren Tastenfeldern anpassen und bunt machen, wie man auch im Puppy Linux Forum hier schön sehen kann. Firefox musste ich von der System- auf die Datenpartition auslagern, um wegen ein paar anderen kleinen Programmen neben den bisher genannten noch ausreichend freien Platz zu haben. Bis auf eine Fehlermeldung verlief das ohne Probleme.
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Pidgin: Einfach verschlüsselt schreiben (OTR fehlt im Bild noch) |
Der Durchbruch zu PC-Programmen auf dem Smartphone ist da, wenn auch nur per PPA und damit auf sehr wackligen Beinen. Am Nexus 7 läuft dieses PPA momentan gar nicht und müsste neu kompiliert werden. Als nächstes werde ich mal mit glxgears oder ähnlichem testen, ob unter Umständen sogar 3D-Beschleunigung in diesen PC-Programmen möglich ist. Des Weiteren müssen die Erkenntnisse über das genaue, ggf. überholte oder präzisierte sowie in manchen Schritten korrigierte Vorgehen in der Baustelle Ubuntu_Touch_Erweiterte_Konfiguration festgehalten werden.
Zumindest Pidgin wäre momentan der einzige sofort einsetzbare und verschlüsselbare Messenger (neben Telegram als Whatsapp-Ersatz), wobei ein anderer auf seinem Entwicklungsstand vorhanden ist und darauf stehengeblieben zu sein scheint. Gegen die gelegentliche Nutzung auch von PC-Programmen spricht jedoch nichts, insbesondere dürfte das auf einem Tablet wie Nexus 7 deutlich besser bedienbar sein und performen. Einige App-Lücken können somit ersetzt oder einfache Apps durch vollwertige Programme ergänzt werden. So etwa brachte Canonical bereits Libre Office zum Laufen. Das Ganze wird interessanter, wenn das Handy zum PC wird. Das Bild liese sich bereits jetzt mit X11vnc weiterleiten und bedienen.
Bis diese Möglichkeiten jedoch ohne PPA offiziell und normal werden, ist es noch ein weiter Weg. Doch bereits jetzt macht es viel Spaß und bietet auch über App-Lücken in Sachen Email-Verschlüsselung und Messenger sowie Mumble hinaus viele denkbare Möglichkeiten an. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Vielleicht bekommt man die Programmbeschriftungen auch alle noch etwas vergrößert und schiebt dafür lieber das eine oder andere überfüllte Fenster hin und her.
Vielleicht hat der eine oder andere Lust auf Ubuntu Touch bekommen. Genauere Erklärungen, wie man sowas erreichen kann, folgen nach und nach in der Baustelle sowie im Forum. Sie ist zwar noch im Rohstadium und enthält noch kleinere Fehler, jedoch hat es damit bereits jemand geschafft gehabt, Pidgin mit Tastatur einzurichten - allerdings war es da noch nicht optimierter wie im letzten Bild. Die Optimierung wird nach dem Bericht noch in Rohform ins Wiki in die Baustelle eingepflegt.
Hier darf natürlich nun im Anschluss ausgiebig diskutiert, kritisiert oder Fragen gestellt werden. Es darf sich natürlich auch - trotz der Baustelle im noch/ schon mittleren Entwicklungs-Stadium - eine zweite Tester-Welle herausbilden und gemeinsam eine Community aufbauen, die Tastaturnutzung weiter optimieren, Schriften vergrößern und so weiter. Das meiste lässt ohne Programmierkenntnisse irgendwie konfigurieren. Einfach anfangen und mitmachen. Spaß ist garantiert. Viele kleinteilige Erfolge auch.
Text geschrieben auf Ubuntu Phone. # <🐸
Autor: Benno
Danksagung: An whazzup, ohne den ich jetzt noch keine PC-Programme am Laufen hätte. Sowie an alle Tester, Schreiber und anderweitig (auch im Plauderthread) Mitwirkenden.