Mein Beweggrund war, dass gängige Zeitmanagementsysteme der einfacheren Kategorie in meinen Augen vielfach etwas zu einfach sind. Die Aufgaben so zu ordnen, dass man die Liste schlicht von oben abarbeiten, bzw. die weiter unten stehenden Aufgaben ist eben nicht so trivial. Priorität und/oder zeitl. Nähe zur definierten Frist bilden einfach nur die beiden Merkmale des Eisenhower-Prinzips ab. Eisenhower wusste natürlich nichts von unserem heutigen Arbeitspensum, wo nur diese beiden Aspekte zu berücksichtigen immer noch recht viel Spielraum für organisatorische Sorgen lässt. Man muss eine nach diesen beiden Kriterien geordnete Liste stets voll im Blick behalten, um etwa früh zu merken, dass man für eine niederrangige Aufgabe doch nicht soviel Zeit hat, weil Urlaub ansteht.
Ich muss sagen, taskwarrior kommt sehr nah ran an meine Ansprüche, und die Entwickler haben sichtlich vergleichbar viel Mühe investiert, ihre Sache wohl zu durchdenken. Das Urgency-Score-System unterscheidet sich im wesentlichen kaum zwischen FlowgencyTM und taskwarrior. Auch da kann man sogar, laut einzelner User-Posts, Urlaub eintragen. Ich sehe dieses Feature nicht in der Doku vertreten, weshalb ich annehme, dass ungemanagete Freizeit nicht zum Kern des Konzepts gehört, und ehrlich gesagt hatte ich es nie ausprobiert.
Aber gerade die Freizeit darf beim Zeit- und Aufgabenmanagement nicht unter den Tisch fallen. Schaut euch diverse ZM- und Burnout-Vorbeugungsratgeber an: Oft wird auch darauf eingegangen, dass man sich in seinen Terminkalender feste Auszeiten einschreiben sollte. FlowgencyTM integriert Freizeit und Arbeitszeit in ein Zeitkonzept, das beidem ihre eigene Rolle bewahrt und sie auseinanderhält. Gerade heute ist dies wichtig, denn Arbeitgeber, die sich einen postmodernen Anstrich geben wollen, verbreiten gern die Propagandalüge, wie toll es sei, Freizeit und Arbeit zu verschmelzen (Microsoft z.B. nennt das lt. einer gesehenen Sendung im WDR "Work/life blend"). Verschmolzen, ausgebeutet wird dabei nach meiner persönlichen Überzeugung eher der ganze Arbeitnehmer als Mensch und Person, der sich nämlich im Ergebnis unablässig fragen muss, ob er wegen was auch immer jetzt seinen Arbeitsplatz vorübergehend verlässt und sich auf sein Privatleben konzentriert, diesem akut den Vorzug gibt gegenüber dem betriebswirtschaftlichen Wohl des Unternehmens. Einen faktischen Grund, um ggf. um Fristaufschub für einzelne Aufgaben zu bitten, gibt es in absolut flexibilisierter Arbeitszeit nämlich nicht mehr: Schuld für etwaige Zeitknappheit und Stress trägt stets der Arbeitnehmer, weil er nicht 24/7 gearbeitet hat.
Ich lese z.Z. "The Circle" von Dave Eggers, da wird ein solcher Arbeitgeber recht gut als die totale Institution inszeniert, als Gefängnis, das bildlich gesprochen lediglich eine Illusion von Freiheit und Selbstbestimmung auf die Zellenwände projiziert. Selbst bei ihrer "Freizeit"-Gestaltung unterliegen die Beschäftigten in dem Buch einer Supervision und Bewertung ("Partizipationsranking"). Moderner Frondienst, nein danke, auf keine andere Weise wird der computertechnische Fortschritt so deutlich zu einer Geißel der Menschheit pervertiert wie hier.
FlowgencyTM hilft, die Souveränität über die eigene Lebenszeit zu bewahren, unter einer Bedingung: Der Anwender betreibt seinen eigenen Server. Während er auf der lokalen Maschine sicher ist (vorausgesetzt, der Server lauscht nur auf dem Loopback-Interface), wird dies natürlich nicht so leicht, wenn es darum geht, einen Server für mehrere Endgeräte zu betreiben, wie dies, lerne ich jetzt, auch bei taskwarrior/taskserver möglich ist. Letztendlich muss ich das jedem überlassen, ob er den dann richtig und sicher betreiben kann – oder ob er sich und seine Daten einem hoffentlich richtigen, weil vertrauenswürdigen und außerhalb des Arbeitsumfelds operierenden Host anvertraut. Ich fange sogar demnächst erst an, diese Betriebsart zu entwickeln. Sie wird also erst mal nur rudimentär sein, und noch keineswegs sicher.
Ich habe mich natürlich gefragt, ob ich nicht besser bei taskwarrior mitarbeiten sollte. Leider kann ich nicht ausreichend C/C++ programmieren, hätte also nur die Möglichkeit gehabt, ein Konzept auszuarbeiten und denen abzuliefern, um seiner eventuellen Umsetzung zu harren. Da sich heute allerdings niemand mehr die Mühe macht, einen trockenen langen Text zu lesen, zumal von einem Nicht-Anglophonen, entschied ich mich, gleich selbst tätig zu werden und ein Konkurrenztool zu entwickeln.
Ach so, und noch was: Abhängigkeiten zwischen Einzelschritten einer Aufgabe zumindest werden schon unterstützt. Man kann sagen, welche Schritte vor welchen anderen erledigt werden sollen.
substeps: '1a/1b/1c,2a/2b;3a/3b'
Zuerst werden alle 1x-Schritte zum wahlfreien Abhaken aufgelistet, erst wenn die alle erledigt sind, werden alle 2x-Schritte angezeigt und so weiter. Die Schrittgruppe hinter dem Semikolon wird unabhängig von den vorhergehenden Schritten immer angezeigt, bis alle erledigt sind. Es werden immer nur die Schritte aufgelistet, und zwar bewusst nicht in einer Baumstruktur, die im Augenblick erledigt werden können. Schritte können bei Bedarf mit mehr als einem Anhak-Kästchen versehen werden. Die Identifier der Schritte, wie in dem Beispiel "1a" usw. sind frei wählbar, müssen nur aus alphanumerischen Zeichen / Unterstrichen bestehen.
Aufgabenübergreifende Abhängigkeiten kommen auch noch an die Reihe, im System sind die sogar schon implementiert und getestet.