Abgesehen davon, dass das Thema schon etliche Male diskutiert wurde …
Zunächst muss eine Schadsoftware erstmal auf das System. Das heißt es muss eine Sicherheitslücke existieren, die ausgenutzt werden kann. Unter Windows ist es glaube ich nach wie vor so, dass solche Sicherheitslücken teilweise monatelang nicht abgedichtet werden und auch das „Patchday“-Konzept finde ich nicht wirklich überzeugend. Da werden Aktualisierungen verzögert, weil Patchday ist ja erst nächste Woche …
Unter Linux ist das anders, die Open Source Communities reagieren in der Regel sehr schnell und Updates sind nach bekanntwerden einer Lücke häufig schon nach wenigen Stunden verfügbar. Hinzu kommt, dass Linuxanwender häufig technisch versierter sind und sehr regelmäßig die Updates durchführen. Ein weiterer Vorteil ist hier die Paketverwaltung, die es den Anwendern sehr einfach macht sämtliche Software zentral zu aktualisieren.
So, gibt es eine Sicherheitslücke und jemanden der sie ausnutzt, dann könnte eine Schadsoftware auf das System gelangen. Dabei ist zu beachten, dass natürlich nicht jede Lücke auf allen Betriebssystemen funktioniert aber gehen wir einfach mal davon aus. Dann muss die Schadsoftware unter Linux lauffähig sein.
Häufig ist das Ziel der Schadsoftware aber das System zu übernehmen, z.B. administrative Rechte zu erlangen. In der Windows-Welt war es leider lange Zeit üblich, dass Nutzer zuhause dauerhaft als Administrator eingeloggt waren, Schadsoftware hatte somit sofort alle Rechte um sich tief ins System einzugraben. Inzwischen hat man das Problem ja auch bei Microsoft erkannt und reagiert (UAC). Bei Linux war die Trennung zwischen Benutzer und Administrator (root) schon immer ziemlich streng – aber wenn eine Schadsoftware das Benutzerprofil übernehmen kann ist ja schon schlimm genug.
Jedenfalls versucht sich die Schadsoftware nun erweiterte Rechte zu erschleichen, dazu dienen weitere Sicherheitslücken … und natürlich ist das Windows System grundsätzlich komplett von Linux verschieden. Es sind also komplett andere Wege notwendig einen „Rootexploit“ durchzuführen. Das führt dazu, dass Schadsoftware meistens nur für eine Plattform entwickelt wird. Für eine bestimmte Serie von Exploits, die auf einer ganz bestimmten Plattform funktionieren. Vorzugsweise natürlich eine Plattform, auf der man möglichst viele Opfer erreicht – das ist derzeit Windows.
Ich will nicht sagen, dass es keine Schadsoftware für Linux gibt. Natürlich gibt es diese. Problematisch sind zum Beispiel all die kleinen und großen Dinge, die auf mehreren Plattformen laufen … Java zum Beispiel, wenn die Schadsoftware in Java programmiert ist, dann läuft sie auf jedem System, weil die Java-Umgebung überall läuft. Vorstellbar ist auch Schadsoftware, die sich in den Webbrowser einnistet, Firefox hat mit XUL ja eine interpretierte Sprache die auf allen Betriebssystemen gleich funktioniert.
Wir hier auf ubuntuusers.de werden nicht müde immer wieder vor Software aus Fremdquellen zu warnen. Auch das wäre nämlich ein mögliches Einfallstor für Schadsoftware. Wenn jemand manipulierte Pakete für Ubuntu anbietet. Auch hier sollte die Paketverwaltung mit den zentralen Paketquellen eigentlich ein Schutz für die Nutzer sein, aber viele Einsteiger kennen das leider noch von Windows und müssen das Verhalten schnellstmöglich ablegen: Software irgendwo im Netz runterladen, wird schon nichts passieren.
Das sind ein paar Wege, wie Schadsoftware auch unter Linux denkbar wäre. Es gibt auch ein paar Proof-of-Concept Spielereien (Apropos Fremdquellen), in freier Wildbahn sind mir allerdings nach wie vor keine Fälle bekannt, die eine nennenswerte Verbreitung erlangt hätten (ich bin aber auch nicht allwissend).
Und zum Schluss kommen wir zur Frage, ob man sich denn dagegen schützen kann? Die Antwort ist ein klares: Jain. Unter Windowsnutzern scheint sich der Glaube zu halten, dass ein Virenscanner ein zuverlässiger Schutz sei. Nunja, die Dinger funktionieren so ähnlich wie unser Immunsystem. Erreger die unbekannt sind, können weder erkannt noch aufgehalten werden. Also impft man sich regelmäßig mit Virensignaturen und hofft, dass keine neuen Viren auftauchen, für die noch kein Impfstoff gefunden wurde, bzw. dass der Impfstoff vor dem Virus beim Nutzer ankommt. Und dann kann es passieren, dass die Virenscanner ihre Heuristik nicht im Griff haben und schon läuft das Immunsystem Amok. Man merkt, dass ich von so einem „Schutz“ nicht vollständig überzeugt bin.
Das Beste was man als Nutzer tun kann ist immer noch – unabhängig vom Betriebssystem – sich an das Sicherheits 1x1 zu halten. Auch wenn man die Gefahr(en) nie komplett beseitigen kann, minimieren kann man sie.
~jug